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Der Panamakanal – Abschied von Bluyon nach 4.000 nm

Von Kuna Yala segeln wir nach Colon, dem Eintrittstor zum Panamakanal. Das Einklarieren ging zügig, nachdem wir herausgefunden hatten wie wir an Land kommen. Denn das ist hier in Colon richtig schwierig. Das Anlegen mit dem Dingi ist überall verboten. Man ist gezwungen in die teure Shelter Bay (ca.60 US für den Kat) zu gehen. Das wollten wir jedoch nicht, da sich der Termin für die Passage durch den Kanal zwei Wochen hinziehen kann. Wir fanden dann eine Möglichkeit im Container Hafen zu ankern und das Dingi im Abwasserkanal anzubinden 🙂 Es war jedes Mal schwierig anzulanden, auch mit den ganzen Einkäufen, die wir noch tätigen mussten. Täglich sind wir eine Woche lang kreuz und quer stundenlang durch die ganze Bucht von Colon motort. Die sogenannten „Flats“, ein ausgewiesenes Ankerfeld seitlich der Einfahrt, gab es nicht mehr. Der Kanal wurde aufgeräumt während wir dort waren und alles wurde umorganisiert. Jeden Tag mussten wir woanders ankern, stellten den Funk ab und kreuzten zweimal täglich verbotenerweise den Kanal. Einmal vergaßen wir den Funk abzustellen und hörten immer: Don`t cross by yourself 🙂 Hmm hatte da jemand was gesagt? Egal. Wir waren mittlerweile routiniert darin uns um die gesunkenen Ruinen herumzumogeln und schnell zwischen zwei riesigen Containerschiffen durchzuschlüpfen.

Colon ist definitiv die hässlichste aller hässlichsten Städte, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Noch immer wird davor gewarnt auf der Straße einfach so rumzulaufen und es wird empfohlen selbst kurze Strecken zum Einkaufen mit dem Taxi zu fahren. Unnötig zu sagen, das wir das natürlich nicht getan haben. Wir haben alles zu Fuß erwandert und waren auch in der Free-Zone shoppen. Ich hatte ehrlich gesagt nie ein schlechtes Gefühl. Durch meine vielen Reisen in der Welt habe ich überall sehr gute Antennen und kann mich immer auf mein Bauchgefühl verlassen.

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Armes, trauriges Colon 😦

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Die Einfahrt zum Kanal Richtung Pazifik

Für die Passage braucht man 4 Linehander, 4x 50 Meter Seil und 8 Fender. Da man das alles normalerweise nicht mal eben so hat, nimmt man sich einen Agenten. Unser Agent organisierte alles vom Knast aus, in dem er saß, so ging zumindest das Gerücht um. Gesehen haben wir ihn natürlich auch nie.

Das ganze Prozedere ist eigentlich recht einfach, wenn man weiß wie es funktioniert. Als erstes füllt man ein Formular aus, welches man downloaden kann und schickt dieses per Mail ab. Dann telefoniert man direkt hinterher. Einen Tag später bekommt man einen Vermessungstermin für das Boot. Nachdem der Vermesser dann auf dem Boot war und jede Menge Formulare ausgefüllt hat, kann man eine Telefonnummer anrufen und man bekommt den Passagetermin. Die ganze Fahrt dauert 2 Tage. Jeden Tag kommt ein Lotse an Bord und muss nach genau vorgeschriebenen Plan bekocht und versorgt werden. Es wird darauf hingewiesen, das der Lotse Wasser aus geschlossenen Flaschen braucht und bei schlechter Verpflegung von Bord geht. Die Linehander sind die vollen Tage da und schlafen auch an Bord.

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Der Lotse ist an Bord gekommen

davWir werden im Package fahren und Steuerbord wird eine kleine Einrumpfyacht an uns gebunden und ziehen diese den ersten Tag durch die Schleusen

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Dann geht es los Richtung Schleusen

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Unsere 3 Jungs waren super

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Am ersten und zweiten Tag geht es jeweils durch 3 Schleusen. Dazwischen übernachtet man im Gatun Lake. Hier waren Millionen von Moskitos. Atmen war draußen nur möglich, wenn man sich ein Tuch vor Mund und Nase gebunden hat. Klar, das ich nicht draußen sein konnte mit meiner Stichallergie. Deswegen gibt es leider keine Fotos vom Gatun Lake.

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So wie hier zu sehen ist, werden an den vier Ecken die Leinen an den Klampen belegt und je nach Höhe wieder neu korrigiert. Oben gehen auf jeder Seite bei der Fahrt in die Schleuse Männer mit, die ebenfalls die Leinen halten und dann auch belegen. Am Ende der Schleusung werfen sie die Leinen los und man muss ziehen, ziehen und ziehen und das Ganze richtig schnell, bevor die Leinen im Motor unten hängen

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Die kleinen Loks sind mit den großen Containerschiffen oder Kreuzfahrtschiffen verbunden; da läuft dann niemand mehr nebenher 😉

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Besucherzentrum Panamakanal

Mein Job: die Leine am Heck und dafür sorgen das die Helfer nicht davon laufen

Am zweiten Tag, direkt nach der letzten Schleuse, kreuzte ein großer Alligator unseren Bug und die Linehander liefen alle nach Backbord. Wir verloren durch die Unachtsamkeit unsere Steuerbord Bugleine.

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Wir sind im Pazifik !

Leider ist am frühen Morgen des zweiten Tages unser Fäkalientank implodiert (und nein, hiervon gibt es keine Fotos). Ich kann das unglaubliche Ausmaß der Katastrophe nicht schreiben. Das ganze Boot war nicht bewohnbar und wir mussten uns in Panama City ein Hotel suchen.

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Isla Perico; unser Ankerplatz und letzte Station
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Biomuseo Panama

Wir sind noch ein paar Tage zu den Las Perlas rausgefahren, eine Inselgruppe von über 200 Inseln im Süden des Golfes von Panama.

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Containerschiffe, die auf eine Durchfahrt im Kanal warten

Delfine begleiten uns bestimmt 2 Stunden lang

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So sieht die Bluyon von unten nach dem Hafenbecken von Panama aus. Erstmal ist schrubben unter Wasser angesagt

Dann können wir schwimmen und faul sein 🙂

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Das war nach 4.000 nm unsere letzte gemeinsame Fahrt.

Die Bluyon ist mittlerweile verkauft.

Wir trennen uns in tiefer Verbundenheit und Freundschaft.

Immer werden wir uns an gute und schlechte Zeiten erinnern und daran wie unendlich viel Spaß wir zusammen hatten, wieviel Abenteuer wir zusammen bestanden haben und an das Vertrauen, das wir uns gegenseitig stets entgegenbrachten.

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Sonnenuntergang Panama

Kuna Yala – San Blas Inseln

Wir legen von Cartagena ab und auf dem Weg nach Kuna Yala machen wir einige Tage einen Stop over auf den Rosario Islands. Sie liegen ca. 40 Seemeilen südwestlich von Cartagena.

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Wir sind ein paar Tage faul und gehen schwimmen und schnorcheln. Wunderschöne kleine Inseln mit klarem Wasser erwarten uns. Die Rosarios sind wundervoll.

Dann geht es ca 250 Seemeilen Richtung Kuna Yala, wir wollen ziemlich weit westlich rauskommen da wir schon weit hinter unserem eigentlichen Zeitplan für den Pazifik Cross sind.

Die San Blas Inseln werde ich in keiner guten Erinnerung behalten. Mir hat es dort gar nicht gefallen. Wir hatten Unmengen von Gewittern. Die Aufdringlichkeit der Kuna Indianer empfand ich als furchtbar lästig. Alle 10 Minuten ruderte irgendein Boot an unseren Kat und wollte was verkaufen. Tunesische Strandverkäufer sind dagegen wirklich harmlos. Die Inseln sind ganz nett, aber nicht wirklich überraschend schön. Da habe ich schon sehr viele schönere Plätze gesehen auf meinen Reisen. Den Hype um die San Blas Inseln kann ich nicht verstehen. Überall sind Riffe, man muß verdammt aufpassen beim Navigieren. In einem plötzlich aufkommenden starkem Unwetter hätten wir fast das Boot und unser Leben verloren. Wir mussten nachts viele Stunden kämpfen. Zu zweit haben wir es geschafft, weil wir schon viele Seemeilen gemeinsam unterwegs waren und uns blind aufeinander verlassen können.

Innerhalb weniger Minuten zog sich alles komplett zu und es sah aus als wenn die Welt untergehen würde, dann nahm das Unglück seinen Lauf. Wir konnten das Boot mit beiden Motoren nicht halten und wurden Legerwall auf die Riffe getrieben.

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So sieht das aus wenn man dann auf den Riffen liegt (rechts die San Blas Ferry)

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Wer sich schon immer mal gefragt hat, was nun eigentlich in den wunderschönen Conch Gehäusen drin ist: hier haben wir das Innenleben

Wir haben einen defekten Dingi Motor gegen Conch Schnecken und Kokosnüsse getauscht. Die Conch haben wir dann untersucht und angeschaut, fanden diese aber so wahnsinnig toll, das wir ihnen die Freiheit wieder geschenkt haben 🙂

Wir segeln nach 1 Woche Kuna Yala weiter Richtung Colon/Panama. Dies hier gehört definitiv zu den Plätzen, die ich nie wieder aufsuchen möchte.

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ABC Inseln – CURACAO

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Endlich wieder SONNE. Wir hatten keine schöne Überfahrt und sind froh in Curacao anzukommen.

Und wieder ein Geburtstag zum Feiern. Den Brief trage ich schon Monate mit mir rum, der Toast ist aber frisch 🙂

Ankern und Einklarieren in Curacao: eine richtig blöde Angelegenheit

Einklarieren kann man nur in Willemstad. Dort kann man aber nicht ankern. Dies geht nur in Spanish-Water, einem Binnensee (richtig eng und wenig Platz zwischen den Booten) mit sehr schmaler Einfahrt. Man kann auf gar keinen Fall im Dunkeln rein oder rausfahren und sollte das auf jeden Fall einkalkulieren. Wlan gibt es dann in der schwimmenden Holzbar. Davor fährt auch fast stündlich ein Bus in die Stadt ab. Taxis gibt es nämlich nicht, bzw nur auf besondere Anforderung und die sind dann richtig teuer (ca. 30 US to the next Beach) Es gibt auch einen Bus der kostenlos zu einem Einkaufsmarkt fährt (einmal täglich um 8.30 und um 9.30 zurück, wenn man den verpasst, wird es schwierig, da hilft nur noch trampen). Man muss zuerst zum Zoll und die Formulare dort ausfüllen. Dann durch die ganze Stadt über die Brücke zur Immigration (die fernsehschauenden Beamten sind total genervt wenn man das Programm unterbricht. Ganz schlimm wird es wenn man nicht am selben Tag der Ankunft im Spanish Water einklariert, dann werden sie fuchsteufelswild) und mit diesen Formularen in den ersten Stock gegenüber zum Bezahlen. Wir waren fünfmal da und immer war zu oder offen und niemand da. Leider konnten wir nichts bezahlen 🙂 Machte aber auch nichts. Beim Ausklarieren das Gleiche wieder rückwärts. Am Besten nachher zur Nervenberuhigung richtig schön essen gehen. Zum Beispiel im Gouverneur.

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Curacao ist wunderschön!

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Ankern in Spanish Water

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Meine Geburtstagslocation :-))

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Wir warten auf den richtigen Wind und segeln weiter nach Cartagena

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Zurück auf dem Meer

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Wir starten unsere Reise in Martinique.

Das Einklarieren geht hier ganz unproblematisch am Automaten in einem Segelzubehörshop. Einfach die Daten eingeben. Das Ganze ist auch noch kostenlos.

Die Bluyon ist nach 7 Monaten Renovierung, Sanierung und verschiedenen Reparaturen in noch keinem ganz fertigem Zustand. Wir sind trotzdem optimistisch, relativ zügig voran zu kommen und spätestens im Juni (eigentlich schon viel zu spät) den Panamakanal Richtung Pazifik durchqueren zu können, um dann Ende November Neuseeland zu erreichen. Vor uns liegen noch jede Menge Arbeit und viele Seemeilen.

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Der Ausblick von der Pool-Terrasse des Hotels Bateliere, West-Martinique. Das Boot war noch nicht bewohnbar und so ankerten wir unten und schliefen oben, das war sehr praktisch.

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Gleich am 2. Tag verbrannte mich an der Seite und am Bein ein ekeliger stacheliger, halbtoter, fast weißer Fisch, den ich nicht genau identifizieren konnte.  Es gab große Brandblasen und ich hatte einige Tage gar keinen Spaß. Als ich danach im Süden in Saint Anne das erste Mal wieder im Wasser war, geriet ich in Nesselarme und hatte große, lange, striemenartige Verbrennungen. Wir haben sofort jede Menge Essig drüber geschüttet, das war gut! Danach hielt ich mich in Martinique nur noch direkt am Strand zum baden auf Wer meine Geschichten kennt, kann sich bestimmt noch an den Skorpion in Guatemala erinnern. Mich findet einfach jedes beißende, stechende Viech.

Der Rocher du Diamant an der Süd-Westspitze von Martinique. Man sieht auf der linken Seite einen Fischkopf von der Seite und rechts einen menschlichen Kopf seitlich.

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Wir sind vom Westen in den Süden nach Le Marin und Sainte Anne gesegelt.

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In der Jahreszeit haben wir immer sehr viel Wind und einen unruhigen Ankerplatz. Trotzdem bin ich lieber weit draußen als eng Yacht an Yacht zu liegen.

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Einen Geburtstag gab es dann natürlich auch zu feiern und das erste Mal kam der Omnia Ofen zum Einsatz. Unser Gas-Backofen geht seit 2 Jahren nicht und mit dem Omnia kann man vieles einfach auf dem Herd zubereiten, wofür man sonst einen Backofen nehmen würde.

Natürlich gibt es jede Menge zu tun jeden Tag um das Boot für die Langfahrt fertig zu machen.

75 Kilo Wäsche 🙂 ich hab dann mal den ganzen Waschsalon belegt….

Die Abende sind auch gut gefüllt mit Näharbeiten und diversen anderen Dingen

Und Einkäufe, jede Menge zum Einlagern, wir sind viele Tage unterwegs um unsere Listen abzuarbeiten

Man glaubt gar nicht wie viel in so ein Dingi passt und dann, weil der Motor mal wieder kaputt ist, gerudert werden muss 😉

Tja und dann sieht die Küche so aus. Und das ist nur ein kleiner Teil von allen Sachen.

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Natürlich haben wir uns auch die Insel mit dem Mietwagen angeschaut.

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Sainte Anne
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Hafen von Le Marin

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Teile der Küste von Martinique sind voll mit stinkenden Braunalgen (Bilder unten). Beim Segeln sind uns die auch immer wieder unterwegs begegnet. Ganze Teppiche und Straßen schwimmen in der Karibik mit ekeligen Braunalgen. Auf Barbados ist dieses Jahr deswegen der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Teile von Martinique sind nicht mehr bewohnbar, andere Inseln sind ebenso betroffen. Die Algen erhöhen den Kohlendioxid Gehalt im Wasser und wenn sie auf Land treffen stinken sie entsetzlich und sind voller Sandflöhe. Man nimmt an, das sie sich auf Grund der Erderwärmung überall im karibischen Meer vermehren.

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Nach einigen Wochen Arbeit, dann die Belohnung. Der Kat ist ist eingeräumt und aufgeräumt. Leider ist immer noch nur 1 Motor funktionsfähig.

Wir segeln weiter nach Bonaire

Dort ist das Wetter noch schlechter als auf Martinique. Die Sonne zeigt sich gar nicht, deswegen gibt es keine Fotos. Jede Menge Wind, eine scheußliche Überfahrt und viele Wolken. Aber es gibt eine super tolle Eisdiele mit Wlan 🙂

In Bonaire gibt es nur die Möglichkeit das Boot an den Bojen festzumachen. 10 US pro Tag. Am Wochenende ist geschlossen. Wir konnten leider nicht zahlen, da wir Sonntagnacht wettermäßig weitermussten 😉

Nach Klein-Bonaire sind wir mit dem Dingi rüber. Es gibt auch mehrere Wassertaxis rüber, kosten 20 US und man ist total abhängig wegen den Rückfahrzeiten. Es gibt keinen Schatten und gar nichts drüben. Aber das Schnorcheln ist wirklich absolut traumhaft.

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Hier sind in zwei Reihen versetzt die Bojen für 10 US pro Tag

2000 Meilen über das Meer

7 Monate Katamaran….ich gehe jetzt leben 

 

Als ich vor 7 Monaten in Guatemala auf den Katamaran ging, wollte ich gar nicht lange bleiben aber dann haben sich viele Dinge anders entwickelt. Letztendlich lebte ich 7 Monate auf einer Yacht in der Karibik und irgendwie haben wir auch 2000 Seemeilen geschafft, meistens mit dem falschen Wind, manchmal trieben wir auch ohne irgendwo hin. Nach Guatemala, Belize, Mexiko, Kuba, Haiti, der Dominikanischen Republik ist es jetzt Zeit für neue Abenteuer und ich freue mich darauf meine neuen Pläne zu verwirklichen.

Wenn jemals jemand Ähnliches vorhat, so sollte er wissen das dies nichts mit Romantik oder „coolem Leben“ zu tun hat. Oft habe ich bei meinen Deutschlandbesuchen gehört „oh wie cool ist das denn“ oder „das ist ja total romantisch“.

Wenn bei Hitze und Feuchtigkeit die Farbe im Innenraum Blasen wirft, Matratzen, Wände, Polster und der Rest anfängt zu schimmeln, es bei 43 Grad und Windstille kein Entkommen vor der Sonne mangels Sonnenschutz gibt, Wasser und Strom rationiert sind, Nahrungsmittel ausgegangen sind, völlig übermüdet von Nachtschichten der ganze Körper schmerzt und der nächste Ankerplatz noch 5 Tage entfernt ist, wird schnell klar, dass dies kein Wellness Trip ist.

Wem es dann noch unklar ist, der kann sich gerne dazu vorstellen, dass die Motoren der Reihe nach kaputt gehen, Fenster undicht sind und überall das Wasser durch den hohen Wellengang reingedrückt wird. Waschküchenwasser und Wellen, die so hoch sind, das man nur noch kriechen und kaum noch stehen kann. So heftig, das ich bei jedem Wellenschlag sehe wie sich die Wände der vorderen Kufe nach innen drücken und beim ohrenbetäubenden Knall denke ich, das bestimmt die nächste Welle das Boot komplett zerschmettern wird. Falsche Wellenrichtung, falscher Wind. Was auch immer.

Das unglaublich nervige Gefühl 20 Stunden für 70 Seemeilen unter Motor zu fahren, um dann letztendlich nicht mal dort anzukommen wo man ursprünglich hin wollte. Wochenlanges durchgehendes nerviges Geräusch von dem Autopiloten, Tag und Nacht, so das man hofft dieser möge endlich einfach implodieren, bevor man davon wahnsinnig wird. Noch ein paar Unwetter dazu, monatelanges Leben ohne Kühlschrank, Feuer an Bord, eine Monsterwelle die das Beiboot zur Hälfte wegreißt, ein Fast-Überfall in Haiti auf das Boot durch zwei andere Boote, oder auch, immer mal wieder morgens aufzuwachen und als erstes in weiße Augen in schwarzen Gesichtern zu blicken weil das Militär an Bord will und sich die Nasen am Fenster plattdrückt. Ein Katamaran der auf einem Riff aufsetzt, schäbige Ankerplätze in dreckigen Häfen, laute Ankerplätze vor Strandbars, ein paar Krankheiten, Brandwunden, Schädelverletzungen, zwischenmenschliche Katastrophen bei denen sich das Innere nach außen kehrt, hunderte Moskitos die sich hungrig auf einen stürzen und bei all dem fahren stundenlang die Eingeweide Achterbahn, während die Zunge vor Wassermangel am Gaumen klebt und das Gehirn vom Schlafentzug ganz taub ist.

Die Liste lässt sich noch nahezu unbegrenzt erweitern und mit Sicherheit habe ich genügend Stoff für zwei Bücher, ich glaube spätestens jetzt wird klar, dass das Leben an Bord wenig mit Romantik zu tun hat, sondern verdammt hart sein kann. Vieles kann man sich einfacher machen und vieles kann viel schöner sein, wenn man weiß worauf es ankommt. Jetzt weiß ich es.

Ich habe einige sehr besondere Momente erlebt und ich bin froh das Experiment gewagt zu haben. Es war eine wirklich intensive Zeit.

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Was bedeutet es an Bord einer Yacht dauerhaft zu leben? Kann ich eigentlich so leben?

Diese Frage stellte sich mir tatsächlich erst als ich an Bord war. Vorher war ich einfach mal davon ausgegangen. Warum auch nicht? Gesegelt bin ich früher schon oft und seekrank wurde ich nie. Da wusste ich von vielen Dingen noch nichts.

Davon das mir die Haare ausfallen werden weil ich das Shampoo wegen rationiertem Wasser nicht auswaschen kann und sich Keime in dem nicht vor der Sonne geschütztem Wasser bilden. Oder davon, dass ich Ausschlag und Bauchkrämpfe kriegen würde weil ich das Tankwasser trinken muss da unser Trinkwasser ausgegangen ist. Oder das ich mich nackt und ungeschützt vor 4000 Leuten auf dem daneben ankernden Kreuzfahrtschiff Royal Cruise waschen muss weil es keinen anderen Platz dafür gibt. Dieses Boot hat keinen Waschraum, keine Dusche und keinen Sichtschutz (und natürlich auch keinen Sonnenschutz). Ich wusste nichts davon das ich tatsächlich fast ersticken würde, weil meine Luftröhre komplett zu schwillt und ich vom Schimmel ganz krank werde. Nichts von lauten Party-Ankerplätzen. Und auch nichts davon das meine Tage damit gefüllt werden würden wie und woher man die nächsten Vorräte bekommt, wie lange sie reichen müssen und wie ich sie lagern kann. Ich musste lernen das es normal ist, wenn mindestens drei Dinge an Bord gleichzeitig kaputt sind. Ich wusste nicht wie mein Körper auf Schlafentzug reagiert. Und wie es ist, wenn sich Tag und Nacht vermischen, jegliches Zeitgefühl völlig verschwindet, weil es irrelevant ist. Und auch nichts von den dunklen Seiten, die Extrembedingungen hervorbringen.

Ich kann die Frage heute mit ja beantworten. Ich liebe das Leben auf dem Wasser. Und ich liebe das Meer und den Wind. Und die Naturgewalten die aus beiden entstehen können. Ich mag es immer wieder woanders zu sein. Tagelang einfach nur rumzutreiben, nichts und niemanden zu sehen. Völlig einsam zu sein. Unbewohnte Inseln zu erforschen. Ich liebe es Probleme zu lösen und bin gespannt auf neue Herausforderungen. Ich mag die Millionen Sterne über mir wenn ich nachts an Deck liege. Das Gefühl des totalen Nichts um mich herum. Die völlig dunklen Nächte, in denen man sich in totaler Schwärze nur noch an der Navigation orientieren kann. Das Gefühl der totalen Freiheit. Die Spannung, die einen ergreift, wenn man einen neuen unbekannten Ankerplatz anläuft. Ich mag es in den Schlaf geschaukelt zu werden und das Plätschern des Wassers an der Bordwand zu hören. Die kleinen Tiere die am Boot nagen und so prickelnde Geräusche nachts machen, wenn alles still ist.

Ich habe mich in das Bordleben verliebt. Ganz langsam hat es sich angeschlichen um mich dann nicht mehr loszulassen. Ich liebe es auf dem Wasser zu leben. So sehr, dass es für mich alle anderen Dinge tausendfach aufwiegt.

Einmal bei meiner Tages-Schicht dachte ich wir fahren auf riesige Holzstämme zu. Das Meer vor uns war mit großen dunklen Flecken übersät. Ich drehte sofort 20 Grad nach Backbord ab und holte das Fernglas. Was ich dann sah war unglaublich. Es waren unzählige dreieckige Flossen die aus dem Wasser ragten. Ganz gemächlich schwammen ca. 30 Wale vor und neben uns. Grindwale vor Haiti. Eine ganze Gruppe. Ich wollte sie so gerne unter Wasser sehen, schnappte meine Taucherbrille, sicherte mich mit einem Seil an meinem Bein und sprang ins Wasser. Die Wale kamen ziemlich nah. Sie waren genauso neugierig wie ich. Ich hatte Schwierigkeiten mich im Wasser trotz Seil zu halten, weil die Wellen hoch waren und die Strömung mich wegdrängte. Eine ganze Zeit blieben die Wale beim Boot. Bevor sie abdrehten kam einer tatsächlich noch zum Verabschieden direkt hinter das Boot, erhob sich ein Stück aus dem Wasser und drehte sich. Dann waren alle verschwunden. Das war ein wirklich besonderer Moment. Ich bin mittlerweile mit Haien, Stachelrochen, Muränen, Barracudas, Riesenschildkröten, Delfinen und sämtlichen anderem Getier aus dem Meer geschwommen aber die Wale waren sehr Besonders.

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Besonders war auch der Moment als wir vor einer kleinen Insel ankerten, an Land gingen und sahen das hier die Menschen in völliger Einfachheit leben. Teilweise wohnen sie noch in Höhlen wo Decken vor die Eingänge gespannt sind. Zum größten Teil wohnen sie in Zelten. Ein ganzes Dorf, völlig abgeschnitten. Aufgespannte Hängematten als Schlafstellen, ausgelagerte Kochstellen über offenem Feuer. Fisch, der auf Schnüren gespannt in der Sonne trocknet. Und überall große dicke Leguane, die für Fleischmahlzeiten gehalten werden.

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Seltsame Momente auch vor Haiti, als uns „Segelboote“ von Fischern entgegen kamen, die Segel aus zusammengenähten Reissäcken oder Betttüchern gebastelt hatten. Oder vor Kuba, wo ich meinen Augen nicht traute, weil die Fischer dort teilweise gar keine Boote hatten, sondern in Autoreifen auf dem Meer rumtrieben und ihre auf Plastikflaschen gewickelte Schnüre raushielten, in der Hoffnung irgendetwas möge anbeißen damit die Tagesmahlzeit gesichert ist.

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In Belize kam einmal ein Fischer eine lange Strecke von Land bis zu unserem Ankerplatz angerudert und wir tauschten feinstes Lobsterfleisch gegen eine kleine Flasche Rum, wir hatten sonst nichts zum tauschen und Geld wollte er nicht. Die Nationalparkwächter der Riffe, die in einem Boot ankamen, teilten dort sogar mit uns ihren frisch gepressten Ananas-Kokossaft, wir hatten leider gar nichts was wir zurückgeben konnten.

Ich bin oft von der Hilfsbereitschaft beeindruckt gewesen. Davon, wie jemand völlig Fremdes mit mir eine Stunde in der Stadt nach einer Sim Karte für mein Smartphone sucht und noch seinen Pass für mich hergibt. Oder als die Tarantel vom Dach des Supermarktes in Guatemala auf mich fiel und die Leute meine Einkäufe einpackten, weil ich es einfach vor Schreck gar nicht mehr konnte. Oder auch der Minenarbeiter, der mich nach einem Skorpionstich nachts über die Berge ins Krankenhaus gebracht hatte.

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Das Leben auf dem Boot ist anders. Anders, als alles was man sich so theoretisch vorstellen kann. Ein kleiner Einkauf kann den ganzen Tag dauern, wenn es schlecht läuft. Nachtschichten können mürbe machen. Die Änderung der Windrichtung kann ganze Pläne wieder zerstören. Manche Probleme kann man nicht sofort oder gar nicht lösen. Ich habe gelernt mit 2 Bechern Wasser am Tag auszukommen und weitestgehend auf Komfort zu verzichten. Das was ich letztendlich als schlimm und nicht lösbar empfunden habe, war der Bewegungsmangel. Man kann manchmal viele Tage nicht von Bord gehen. Aber was mich nie gestört hat, ist die Enge und das niemals Alleinsein. 24 Stunden 7 Tage die Woche mit jemandem zusammen sein, egal wie es läuft und egal wie man sich fühlt. Eine wirklich geniale Erfahrung von unschätzbarem Wert.

Ich habe sehr viel gelernt in den letzten Monaten, mehr als jemals zuvor. Über mich.

Jetzt gehe ich leben….aber woanders.

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